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Wie man den Blickwinkel auf seelische Gesundheit verändert

Speyer

Werkstattreihe öffnet Teilnehmenden neue Möglichkeiten der Kommunikation

Symbolbild: drei Sprechblasen

„Wie kann ich über seelische Gesundheit, Wohlbefinden und Resilienz sprechen, um bei Menschen in meinem Umfeld einen neuen Blickwinkel anzustoßen? Einen Blickwinkel, der ins Bewusstsein rückt, was uns im Alltag und in schwierigen Situationen stärkt und schützt?“ Das war die zentrale Frage der digitalen Werkstattreihe „Ein neuer Denkrahmen für seelische Gesundheit“, die im Rahmen des gleichnamigen Projekts der Pfalzklinikum-Initiative „Die Pfalz macht sich/dich stark – Wege zu Resilienz“ im Juni und Juli stattfand. Gemeinsam mit ihrem wissenschaftlichen Partner, dem Hanover Center for Health Communication (am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover), hatte die Resilienz-Initiative Menschen aus dem Raum Speyer und der Pfalz, die im beruflichen oder ehrenamtlichen Kontext mit Menschen arbeiten, eingeladen, Botschafter*innen für seelische Gesundheit zu werden.

Ziel der zunächst zweiteiligen Werkstatt war es, dass die Teilnehmenden ihren persönlichen „Werkzeugkoffer“ für die Kommunikation mit anderen entwickeln – als Hilfestellung, um in alltäglichen Kontexten ein gesundheitsorientiertes Verständnis von seelischer Gesundheit zu vermitteln.

„Alle Menschen haben durch ihre persönlichen Erfahrungen, ihre Erziehung oder ihr soziales Umfeld andere Denk- und Sprachmuster verinnerlicht, die meist unbewusst angewandt werden“, erklären Magdalena Rosset und Miriam Jaspersen vom Hanover Center for Health Communication. „Während bei der körperlichen Gesundheit Prävention schon stärker etabliert ist, kommt dies bei der seelischen Gesundheit erst langsam an. Meist ist in den Köpfen der Menschen eher verankert, welche Risikofaktoren die Gesundheit bedrohen und wie es Krankheit zu vermeiden gilt.“ Für echtes präventives Handeln sei das aber zu kurz gedacht.

Damit präventives Handeln früher stattfindet, möchten die beiden Projektpartner ein Denken anstoßen, das seelische Gesundheit mehr im Sinne eines Wohlbefindens und nicht nur als bloße Abwesenheit von Krankheit oder dem Funktionieren im Alltag betrachtet. Entsprechend sollen mehr die Schutzfaktoren in den Vordergrund gestellt werden.

Vom Akku und dem gefüllten Bankkonto

Wie soll das gehen? Was liegt in dem „Werkzeugkoffer“? „Wir arbeiten mit Metaphern, Bildern und einprägsamen Geschichten, in die man sich hineinversetzen kann“, erklärt die Projektkoordinatorin der Initiative, Romina Männl. „Der Akku, den man immer wieder aufladen muss oder das Konto, von dem man nicht nur abheben kann, sondern auch immer etwas einzahlen muss, sind Beispiele dafür. Welches Bild und welche Geschichte wirksam sein können, ist von Kontext zu Kontext unterschiedlich.“

Genau das erarbeiteten die Teilnehmenden der Werkstätten selbst für ihre jeweiligen Kontexte: Zunächst sammelten sie dysfunktionale und funktionale Denkmuster und Redensarten. Anschließend überlegten sie, welche Eigenschaften, Motive oder persönlichen Hintergründe die Menschen in ihrem beruflichen oder ehrenamtlichen Kontext, also ihre jeweiligen Zielgruppen, haben. Darauf basierend entwickelten die Teilnehmenden individuelle Strategien und Inhalte, um als Botschafter*innen an ihre Zielgruppen herantreten zu können.

Botschafter*innen aus der Mitte der Gemeinschaft

Die Teilnehmenden der Projektwerkstätten kamen überwiegend aus dem sozialen, Pflege- oder Gesundheitsbereich, der (Aus-)Bildung und Freizeitbildung, der Teilhabeberatung sowie aus der Selbsthilfe – aus dem Raum der Modellregion Speyer, aber auch pfalzweit. „Die Idee ist, dass sie als Botschafter*innen auf Augenhöhe mit den Menschen um sich herum das Thema seelische Gesundheit und Resilienz aufgreifen“, erklärt Paul Bomke, Projektleiter der Resilienz-Initiative und Geschäftsführer des Pfalzklinikums. „Dabei geht es nicht darum, Menschen zu belehren oder ihnen etwas überzustülpen. Wir wollen sie vielmehr dazu einzuladen, ein und dieselbe Sache aus einer Perspektive zu sehen, die ihnen dabei helfen kann, sich selbst und andere fürsorglicher zu betrachten – und zwar bevor sie krank werden.“

Wie geht es weiter?

Die beiden Werkstätten waren für die Idee der „Botschafter*innen für seelische Gesundheit“ erst der Auftakt. Die Initiative plant, längerfristig ein Netzwerk in Speyer und der Pfalz aufzubauen, das für Teilnehmende eine Plattform zum Austausch bietet und Impulse liefert. Konkret sind für die nächsten Monate zwei weitere Workshops geplant, in denen die Teilnehmenden das Gelernte vertiefen und Erzählmethoden kennenlernen können. Weiterhin sollen gemeinsam Materialien und Formate entwickelt und wissenschaftlich getestet werden, die die Arbeit von zukünftigen (weiteren) Botschafter*innen unterstützen sollen.

Zum Hintergrund

Das Projekt „Ein neuer Denkrahmen für seelische Gesundheit“ läuft seit 2018 mit dem Ziel, ein neues Verständnis von seelischer Gesundheit anzustoßen und Prävention stärker in den Fokus zu rücken. Hierzu erhob das wissenschaftliche Team um Prof. Dr. Eva Baumann, Leiterin des Hanover Center for Health Communication [HC]², zunächst vorhandene Denkweisen, Bilder und Vorstellungen über seelische Gesundheit und Krankheit sowie Resilienz. So identifizierte das Forschungsteam die „Wissenslücken“ zwischen dem Experten- und dem Laienwissen in dem Bereich. Den daraus abgeleiteten Kommunikationsherausforderungen möchte das Projekt nun mit dem Einbinden von Botschafter*innen begegnen, um möglichst breit in die Gesellschaft zu kommunizieren. Das Projekt wird weiterhin von [HC]² wissenschaftlich begleitet. Das Team testet unter anderem die Wirksamkeit narrativer Botschaften, d.h. von Geschichten, die dazu genutzt werden, die gesundheitsförderlichen Botschaften zu verbreiten.

Weitere Infos zum Projekt unter www.resilienz-pfalz.de/neuer-denkrahmen.

Kontakt
Romina Männl
Projektkoordinatorin Prävention und Unternehmenskommunikation
Tel. 06349 900-1643
E-Mail: romina.maennl@pfalzklinikum.de